Leadership Skills für High Professionals - Führen ohne formale Autorität

Jessica Jasper, 15.08.2024

Kaum eine Stellenanzeige kommt heute noch ohne den Punkt „flache Hierarchien“ aus. Die typische Führung hat sich stark gewandelt und erfordert so auch neue Kompetenzen. High Professionals, die oft über tiefes Fachwissen und langjährige Erfahrung verfügen, finden sich zunehmend in Positionen wieder, in denen sie leiten müssen, ohne formale Autorität zu haben. Wie kann man auch ohne die formale, hierarchische Autorität in agilen Teams eine gewisse Struktur und Führungskraft neben der Flexibilität beibehalten?

 

Wieso denn eigentlich flache Hierarchien?

Komplizierte Kommunikationswege und bürokratische Hürden schränken im Arbeitsalltag stark ein. So werden nicht nur Prozesse in die Länge gezogen, oft lässt auch die Motivation nach, wenn man für jede Entscheidung einen großen Umweg nehmen muss. Durch flache Hierarchien werden Arbeitsweisen agiler und schnelle Entscheidungsfindungen ermöglichen flexible Reaktionen. Sowohl die Eigenverantwortung als auch Kreativität werden gefördert und bringen innovative Ideen hervor. Neben der Effizienz verbessert sich auch das Teamgefühl. Kommunikation auf Augenhöhe stärkt Vertrauen sowie Sympathie und zeichnet sich so auch in guter Zusammenarbeit und gemeinsamen Zielen ab. Viele Arbeitnehmer fühlen sich in einem Team mit flachen Hierarchien wohler und können offener über Probleme aber auch positive Teile ihres Arbeitsalltags sprechen.

 

Wie setzt man informelle Autorität um?

Auch ohne den offiziellen Titel als Führungsposition, werden einige Teammitglieder informell zu leitenden Personen. Dies kann unter anderem auch ein gutes Absprungbrett für weiterführende Berufserfahrung in führenden Positionen sein, jedoch sollte man bestimmte Faktoren beachten. Nachfolgend haben wir drei wichtige Punkte dargestellt, die helfen Autorität auch informell umzusetzen und als Führungsperson anerkannt zu werden.

 

Effektive Kommunikation

Was eigentlich nicht nur bei informeller Führung sondern auch klassischer Autorität zu finden sein sollte, ist eine effektive Kommunikation. Dazu gehört nicht nur der offene Austausch und eine ausgeprägte Feedbackkultur, sondern auch die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Ideen müssen strukturiert und verständlich dargestellt werden. Dies hilft einerseits dabei mögliche Fehler oder Unstimmigkeiten auszugleichen und verhindert andererseits Unzufriedenheit im Team. Es sollte aktiv auf andere Meinungen und Vorschläge gehört werden, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Vorbildfunktion und Integrität

Personen die informell führen, erhalten ihre Autorität oft durch Anerkennung aufgrund von fachlicher Kompetenz und durch das Vorleben gewünschter Werte und Standards. Integrität und Zuverlässigkeit im Handeln stärken die Authentizität, erhöhen die Unterstützung seitens des Teams und stärken somit auch die zwischenmenschlichen Beziehungen. Mitarbeiter passen sich oft automatisch an vorgelebte Prinzipien und Prozesse an und erkennen integre Personen, die sich selbst nach den erwarteten Werten verhalten, eher als Führungskraft an. Das dadurch entgegengebrachte Vertrauen hilft Entscheidungen durchzusetzen und Support für diese zu erhalten.

Motivation und Teamdynamik

Durch die Einbindung aller Teammitglieder in die Entscheidungen, kommen nicht nur neue Ideen auf, auch das Teamgefüge wird unterstützt. Die Stärken jedes einzelnen sollten anerkannt und bestmöglich genutzt werden. Dies erhöht auch die Motivation der Teammitglieder. Die Wertschätzung der individuellen Leistung schafft ein motivierendes Umfeld, in dem alle Perspektiven respektiert und eingebunden werden. Ein guter Teamgeist führt darüber hinaus dazu, dass Personen in leitender Position auch ohne formale Autorität eher anerkannt werden, da Sie als Mitglied des Teams anerkannt werden und Probleme und Anforderungen auf Augenhöhe kommuniziert werden können.

 

Herausforderungen der informellen Autorität

Natürlich gibt es auch bei diesem Thema nicht nur Vorteile. Die fehlende formale Autorität kann dazu führen, dass die informelle Führung nicht nur weniger anerkannt, sondern in vielen Fällen auch weniger entlohnt wird als die klassische Autoritätsperson. Verantwortlichkeiten können durch erhöhte Eigenverantwortung und flexible Entscheidungswege verschwimmen, sodass am Ende unklar ist, wer nun die Verantwortung für bestimmte Entscheidungen trägt. Das Einbringen verschiedener Meinungen kann darüber hinaus auch zu Herausforderungen beim Lösen von Konflikten führen.

Um diese Probleme zu umgehen, sollten trotz flacher Hierarchien die Entscheidungswege, Ansprechpersonen und Verantwortlichkeiten klar geregelt sein. Hierbei gibt es beispielsweise die RACI-Matrix, die klärt wer verantwortlich (Responsible) und rechenschaftspflichtig (Accountable) für Entscheidungen ist, wer bei der Entscheidungsfindung konsultiert wird (Consulted) und wer über Entscheidungen informiert (Informed) wird. Dies verhindert Unstimmigkeiten und bietet trotz festgelegter Rollen Raum für Beteiligung und Verantwortung aller Teammitglieder.

 

Mit klarer Verantwortlichkeit und kontinuierlicher Weiterbildung zum Erfolg

Flache Hierarchien sind in modernen Unternehmen gern gesehen und schaffen ein angenehmeres Arbeitsklima, in dem sich Mitarbeiter wohlfühlen. Trotz dessen sollten gewisse Verantwortlichkeiten klar bestimmt sein, damit Unsicherheiten und Unstimmigkeiten ohne Probleme geklärt werden können. Durch Vertrauen im Team, gute Kommunikation, Fachwissen und eine Vorbildfunktionen können Personen in leitender Position auch ohne die formale Autorität wertgeschätzte und einflussreihe Führungspersönlichkeiten sein. Dadurch können Kreativität und Eigenverantwortung der Teammitglieder gestärkt werden und die Agilität des Unternehmens steigt.

Sich kontinuierlich bezüglich Beziehungsmanagement, Kommunikation, Problemlösung und Entscheidungsfindung weiterzubilden hilft jeder Führungskraft, egal ob formal oder nicht, ein Team gut zu leiten. Indem man diese Fähigkeiten entwickelt und verfeinert, kann man nicht nur als informelle Führungskraft erfolgreich sein, sondern auch die eigene berufliche Entwicklung vorantreiben und einen positiven Einfluss auf das Team und die Organisation ausüben.